Astronomen haben möglicherweise den ersten greifbaren Beweis für dunkle Materie durch ein ungeklärtes Gammastrahlenglühen beobachtet, das von den äußeren Regionen der Milchstraße ausgeht. Obwohl die Ergebnisse noch vorläufig sind, könnten sie – basierend auf 15 Jahren Daten des Fermi-Gammastrahlen-Weltraumteleskops der NASA – einen Durchbruch beim Verständnis der schwer fassbaren Substanz des Universums darstellen.
Das Geheimnis der Dunklen Materie
Dunkle Materie macht etwa 85 % der gesamten Masse im Universum aus, bleibt jedoch mit herkömmlichen Methoden nicht nachweisbar. Physiker gehen davon aus, dass es sich möglicherweise um schwach wechselwirkende massive Teilchen (WIMPs) handelt, die, wenn es sie gäbe, selten mit regulärer Materie kollidieren würden. Allerdings sollten sich diese Teilchen gelegentlich selbst vernichten und nachweisbare hochenergetische Gammastrahlen aussenden.
Seit über einem Jahrzehnt diskutieren Wissenschaftler darüber, ob überschüssige Gammastrahlung aus dem galaktischen Zentrum ein solches Signal sein könnte. Nun vermutet Tomonori Totani von der Universität Tokio ein ähnliches Leuchten im Halo der Milchstraße.
Wie das Signal gefunden wurde
Zu Totanis Forschung gehörte die Konstruktion eines Modells zur Vorhersage erwarteter Gammastrahlenmengen aus bekannten Quellen (Sterne, kosmische Strahlung, Strahlungsblasen). Das Abziehen dieser vorhergesagten Strahlung von den Beobachtungen des Fermi-Teleskops ergab ein Restglühen bei etwa 20 Gigaelektronenvolt. Dieses Energieniveau entspricht dem, was man von einer WIMP-Selbstvernichtung erwarten würde.
„Obwohl die Forschung mit dem Ziel begann, Signale dunkler Materie zu erkennen, dachte ich, es wäre wie ein Lottospiel … Aber als ich mir die Zeit nahm, es sorgfältig zu überprüfen und sicher war, dass es richtig war, bekam ich Gänsehaut.“ — Tomonori Totani
Verbleibende Fragen und Hinweise
Trotz der Aufregung mahnen Experten zur Vorsicht. Francesca Calore vom französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung betont die Schwierigkeit, alle galaktischen Gammastrahlenquellen genau zu modellieren. Die von Totani verwendeten Modelle müssen weiteren strengen Tests unterzogen werden. Silvia Manconi von der Sorbonne-Universität weist darauf hin, dass das Fehlen ähnlicher Signale von anderen erwarteten Quellen (wie Zwerggalaxien) einen möglichen Fehler in der Theorie darstellt.
Anthony Brown von der University of Durham betont, dass für eine umfassende Analyse neben Gammastrahlen auch andere Strahlungsarten (Radiowellen, Neutrinos) untersucht werden müssen. Es reicht nicht aus, sich auf einen einzigen Datensatz zu verlassen, da die Forschung zur Dunklen Materie „so viele qualitativ hochwertige Daten wie möglich“ erfordert.
Was das bedeutet
Die Entdeckung dieses potenziellen Leuchtens dunkler Materie stellt einen bedeutenden Fortschritt dar, ist aber noch lange nicht schlüssig. Die Bestätigung erfordert weitere Untersuchungen und eine Kreuzvalidierung mit anderen Datensätzen. Sollte diese Entdeckung bestätigt werden, würde sie den bisher stärksten Beweis für die Existenz von WIMPs liefern und unser Verständnis der verborgenen Masse des Universums revolutionieren.
