Wissenschaftler entdecken verdrehte magnetische Wellen auf der Sonne und geben Hinweise auf ein Rätsel um die Sonnenerwärmung

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Seit Jahrzehnten rätseln Wissenschaftler über ein bedeutendes Paradoxon: Wie die äußere Atmosphäre der Sonne, die Corona, erheblich heißer ist – Millionen Grad – als ihre sichtbare Oberfläche, die etwa 9.932 Grad Fahrenheit (5.500 Grad Celsius) beträgt. Jetzt haben Forscher mit dem leistungsstärksten Sonnenteleskop der Welt verdrehte magnetische Wellen beobachtet, eine Entdeckung, die dazu beitragen könnte, dieses seit langem bestehende Rätsel zu lösen.

Die Entdeckung der Torsions-Alfvén-Wellen

Das Forschungsteam hat mithilfe von Daten des Daniel K. Inouye Solar Telescope auf Hawaii direkt kleine magnetische Drehungen auf der Sonne beobachtet – insbesondere torsionale Alfvén-Wellen. Bei diesen Wellen, die 1942 vom schwedischen Nobelpreisträger Hannes Alfvén vorhergesagt wurden, handelt es sich um magnetische Störungen, die sich durch das Plasma der Sonne, ein überhitztes, elektrisch geladenes Gas, ausbreiten. Während größere Versionen dieser Wellen zuvor mit Sonneneruptionen in Verbindung gebracht wurden, blieben diese kleineren, sich ständig drehenden Wellen bisher schwer fassbar.

„Diese Entdeckung markiert das Ende einer jahrzehntelangen Suche nach diesen Wellen, deren Ursprünge bis in die 1940er Jahre zurückreichen“, erklärte Richard Morton, Professor an der Northumbria University im Vereinigten Königreich, der die Studie leitete.

Warum diese Wellen wichtig sind: Das Rätsel um die Solarheizung

Wissenschaftler haben schon lange vermutet, dass diese kleinen Wellen kontinuierlich Energie von der Sonnenoberfläche in ihre Atmosphäre übertragen könnten. Dieser Prozess würde den Sonnenwind antreiben und, was entscheidend ist, die Korona auf ihre unglaublichen Temperaturen erhitzen. Die Ergebnisse bieten eine starke Unterstützung für theoretische Modelle, die zu erklären versuchen, wie magnetische Turbulenzen Energie in der oberen Sonnenatmosphäre transportieren und zerstreuen. Durch direkte Beobachtungen können Forscher diese Modelle nun anhand ihrer tatsächlichen Beobachtungen testen.

Beispiellose Beobachtungen der Sonne

Um zu ihren Schlussfolgerungen zu gelangen, nutzte Mortons Team das Inouye-Sonnenteleskop, das die Bilder der Sonne mit der höchsten Auflösung aufnimmt, die jemals erreicht wurden. Die Breite des Teleskops von vier Metern ermöglicht die Erkennung schwacher Lichtverschiebungen und zeigt in beispielloser Detailliertheit, wie Plasma durch die Korona fließt.

Während der Inbetriebnahmephase des Teleskops im Oktober 2023 verfolgte das Team Eisenatome, die auf erstaunliche 1,6 Millionen Grad Celsius erhitzt wurden, und beobachtete schwache Rot- und Blauverschiebungen auf gegenüberliegenden Seiten von Magnetschleifen. Diese Verschiebungen sind das Markenzeichen der verdrehten Alfvén-Wellen.

Die Technik: Spektroskopie und versteckte Bewegung

Die Verdrehung der magnetischen Feldlinien der Sonne ist subtil und daher schwer direkt auf Bildern zu erkennen. Deshalb verwendete das Team eine Technik namens Spektroskopie, die misst, wie sich heißes Gas auf die Erde zu oder von ihr weg bewegt. Diese Bewegung verändert auf subtile Weise die Farbe des Lichts – rot, wenn man sich entfernt, blau, wenn man näher kommt – und enthüllt so das verborgene verdrehte Muster in der Sonnenatmosphäre.

„Die Bewegung des Plasmas in der Sonnenkorona wird größtenteils von schwankenden Bewegungen dominiert“, erklärte Morton. „Ich musste eine Möglichkeit entwickeln, das Schwanken zu beseitigen, um die Verdrehung zu isolieren und zu identifizieren.“

Die Ergebnisse: Konstante Bewegung und Energieübertragung

Die Ergebnisse zeigen, dass die Korona selbst in den ruhigsten Regionen der Sonne mit torsionalen Alfvén-Wellen gefüllt ist. Diese Wellen drehen ständig die magnetischen Feldlinien der Sonne und transportieren Energie nach oben durch die Sonnenschichten. Dieser Energietransport aus der unteren Atmosphäre in die Korona führt letztendlich zu einer Wärmefreisetzung und liefert neue Einblicke in das Geheimnis, dass die Sonnenkorona deutlich heißer ist als ihre Oberfläche.

Für Morton und seine Kollegen eröffnet diese lang ersehnte Entdeckung neue Möglichkeiten der Untersuchung darüber, wie sich diese Wellen ausbreiten und letztendlich Energie innerhalb der Korona abbauen.

Die Entdeckung stellt einen bedeutenden Fortschritt beim Verständnis der komplexen Dynamik der Sonne und ihrer Atmosphäre dar und verspricht, Licht in eines der härtesten Rätsel der Sonnenphysik zu bringen.